Zisterzienser und Karpfen

​Bei der Gründung des Zisterzienserordens im Jahr 1098 war für deren Klöster eine konsequente Eigenwirtschaft und Handarbeit für die Mönche vorgeschrieben. Die Klostergründer durften sich nur in wasserreichen Tälern, Ödland und Sumpfgebieten niederlassen. 

Diese Vorgaben machten die Zisterzienser bald zu Pionieren bei der Trockenlegung und Rodung von unerschlossenen Gebieten und bei der Urbarmachung von Feld und Flur. Durch den hohen Wissensstand, den sich insbesondere die Laienbrüder dabei erwarben, wurden die Zisterzienser zu den Wasserbaumeistern des Mittelalters. Die Mönche regulierten Flüsse, bauten Kanäle und nutzten die Wasserkraft. Sehr intensiv widmeten sich die Zisterzienser in allen Klostergründungen dem Teichbau und der Fischzucht.

Den Zisterziensermönchen war durch die Ordensregel der Verzehr des Fleisches warmblütiger Tiere verboten. Fische hatten deshalb eine herausragende Bedeutung im klösterlichen Speisenangebot. Für Klosterstandorte weit ab vom Meer und von großen Flüssen oder Seen nahm die Fischzucht innerhalb der klösterlichen Wirtschaftsbetriebe eine wichtige Stellung ein. Karpfen dienten jedoch nicht nur zur Eigenversorgung der Klöster, sondern waren begehrtes Handelsgut. Die Teichwirtschaft war ein bedeutendes wirtschaftliches Standbein der Zisterzienserklöster.

Alle Zisterzienserklöster in West- und Mitteleuropa haben in ihrem Einflussbereich Teiche gebaut und Fische gezüchtet. Der Karpfen als schnell wachsender, wohlschmeckender und vergleichsweise anspruchsloser Fisch war für die Teichwirtschaft der Zisterzienser besonders geeignet. Die Mönche verbreiteten den Karpfen und die Teichwirtschaft über ganz Europa. In Franken waren die Zisterzen in Ebrach, Heilsbronn, Birkenfeld und Langheim die Zentren der klösterlichen Teichwirtschaft. In der Oberpfalz prägten die Klöster Waldsassen, Walderbach und Schönthal ausgedehnte Teichgebiete. 

Ein großes Verdienst des Ordens war es, sowohl die Methoden des Teichbaus als auch der Fischzucht zu verbessern. Professionelle „Teichschütter“, planten und organisierten den Bau der Teiche. Die Zisterzienser führten die gezielte Vermehrung der Karpfen ein und hielten Karpfen nach Altersklassen getrennt. Der sorgsame Umgang mit der Schöpfung und damit Tierwohl und Nachhaltigkeit war bei den Zisterziensern selbstverständlich und vorbildlich.

Für die Karpfenteichwirtschaft in Bayern ist es bis heute prägend, dass die Zisterzienser nicht nur selbst Teiche bauten, sondern in ihren Klostergebieten auch Bauern und Bürger zum Teichbau ermunterten. Mit Wissenstransfer zu Bau und Bewirtschaftung förderten die Mönche die Karpfenzucht der Untertanen. 

Bauern und Ackerbürger verfügten im Vergleich zu Adel und Klöstern nur über kleine Flächen, es entstanden deshalb viele kleine Teiche. Die europaweit einmalige, sehr kleinteilige Struktur der Teiche und Fischereibetriebe in Bayern zeugt noch heute vom Einfluss der Zisterzienser und vom bäuerlichen Teichbau im Mittelalter. 

Kloster Walderbach

Kloster Walderbach

Winkelhof des Klosters Ebrach

Winkelhof des Klosters Ebrach

Kloster Waldsassen

Kloster Waldsassen

Bildnachweis:
1 DALIBRI (Wikimedia Commons, creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)
2 Cisterscapes-Projekt, 2018, Dr. Thomas Büttner
3 Oberpfälzer Wald, Thomas Kujat