Der lange Weg zum Speisekarpfen – „gut Ding braucht Weile“
In freier Natur und mit unglaublich viel Lebensraum brauchen Karpfen drei lange Jahre zum Wachsen. Kein anderer Fisch in der modernen Aquakultur bekommt so viel Platz und Zeit. Die nachhaltige und artgerechte Teichwirtschaft erzeugt ein echtes Naturprodukt – Qualität, die man auch schmeckt.
1. Lebensjahr
Im Mai und Juni ist die Laichzeit der Karpfen. Die Elterntiere waren bis dahin nach Geschlechtern getrennt. Sobald das Wasser etwa 20 °C warm ist, setzt der Teichwirt einige Rogner (Weibchen) und doppelt so viele Milchner (Männchen) zusammen in den kleinen, vollständig mit Gras bewachsenen Laichteich. Die Milchner treiben beim Laichspiel die reifen Rogner. Durch das Treiben kommt es zum Eisprung und zur Eiabgabe. Bei jedem Rogner sind dabei rund 1 Mio. Eier zu erwarten! Die Milchner geben gleichzeitig ganze Spermawolken ans Wasser ab und befruchten so die Eier.
In jedem befruchteten Ei entwickelt sich ein Embryo, der nach etwa 4 Tagen schlüpft und ca. 7 mm lang ist. Die Embryonen können noch nicht schwimmen und kleben wie Bartstoppeln an den Grashalmen. Erst 3 bis 5 Tage später haben sich die kleinen Karpfen zur Larve entwickelt, besitzen jetzt eine Schwimmblase und schweben im Wasser. Anfangs ernähren sich die Larven noch aus dem Dottersack. Diese Energiereserve aus dem sehr dotterreichen Fischei tragen die Larven am Bauch. Der Teichwirt bezeichnet dieses Stadium deshalb als „Dotterbrut“ oder K0 (sprich: K null). Die K0 werden mit feinen Gazekeschern vorsichtig abgefischt und in nahrungsreiche Teiche gesetzt (ca. 20 K0 pro m2). Auf 1 Teelöffel passen ungefähr 2000 K0. Etwa 6 Wochen lang nehmen die K0 nun natürliche Kleinstlebewesen als Nahrung zu sich und können dabei zum ca. 1 g schweren Kv (v = vorgestreckt) heranwachsen. Kv haben Form und Größe eines Zwetschgenkerns.
Danach kommen die Kv in den Brutstreckteich (ca. 3-5 Kv pro m2). Durch traditionelle Methoden (z.B. Kalkung und organische Düngung) ist dieser Teich so vorbereitet, dass er möglichst viel Naturnahrung bietet. Mehrmals pro Woche füttert der Teichwirt zerkleinertes Getreide, das er an sandigen Stellen in den Teich schüttet. Die Karpfen gründeln den Boden ab und nehmen dabei das Futter auf. Durch den aufgewühlten Boden sind Karpfenteiche fast immer trüb. Das ist ein gutes Zeichen dafür, dass die Fische gesund sind und sich wohl fühlen. Im Herbst sollen die Karpfen ein Gewicht von 30 – 40 g erreicht haben. Sie sind dann einen Sommer alt und heißen deshalb „einsömmrige Karpfen“ oder K1.
2. Lebensjahr
Nach einer Winterruhe, die K1 meist im Brutstreckteich verbringen, werden die Karpfen im März oder April wieder aktiver. Unsere K1 starten in den 2. Sommer. Sie werden abgefischt und kommen in den „Streckteich“ (ca. 5 m2 Lebensraum pro K1). Die Fische wachsen darin deutlich in die Länge, werden „gestreckt“. Als Ergänzung zur Naturnahrung im Teich wird heimisches Getreide gefüttert, das anfänglich noch grob geschrotet oder gequetscht ist. Zur Erzeugung von bayerischen Karpfen braucht es keine importierten Futtermittel und keine Wachstumsförderer. Im Herbst, nach dem 2. Sommer, sollten die Karpfen, jetzt „zweisömmrige Karpfen“ oder K2 genannt, ca. 300 – 500 g schwer sein. Den Winter verbringen die K2 im tiefen Winterungsteich mit besonders sicherer Wasserversorgung. Dort halten sie Winterruhe. Das Karpfenherz schlägt dann nur zweimal in der Minute .
3. Lebensjahr
Im folgenden Frühjahr werden die K2 dann in den „Abwachsteich“ des 3. Sommers gesetzt (ca. 20 – 30 m2 Lebensraum pro K2). Dort wachsen sie zum Speisekarpfen heran. Die Teichwirte bezeichnen den Fisch jetzt als „dreisömmrigen Karpfen“ oder K3. Gefüttert wird nun ganzes Getreidekorn, das der K2 selbst zerkleinern kann. Die Futtermenge muss mit der vorhandenen Naturnahrung in den Teichen so abgestimmt werden, dass im Herbst ein in Größe und Qualität idealer Speisekarpfen abgefischt werden kann.