1000 Jahre Karpfenteichwirtschaft in Bayern

Der früheste Hinweis auf den Teichbau findet sich in der Landgüterordnung „Capitulare de villis et curtis imperialibus“ aus dem Jahr 812. Kaiser Karl der Große verlangt in dieser Anordnung: 

„Jeder Amtmann soll auf unseren Landgütern Fischweiher halten, wo sie schon waren, ja, er soll sie mehren, wo dies möglich ist, und wo früher noch keine waren, solche aber jetzt sein können, soll er sie neu anlegen.“

Vermutlich handelte es sich im frühen Mittelalter um kleinere Teiche, in denen gefangene Fische aus Flüssen und Seen bevorratet wurden. Dabei könnte die besonders gute Eignung des Karpfens für die Haltung in Teichen aufgefallen sein. Der Karpfen wächst schnell, ist in Bezug auf die Wasserqualität einigermaßen anspruchslos und hat sehr wohlschmeckendes Fleisch.

Etwa um das Jahr 1200 gibt es in Bayern gesicherte Belege für eine planmäßige Teichwirtschaft und für Teichbau in größerem Umfang. Es wurden in dieser Zeit jedoch kaum Teiche gebaut, die ausschließlich der Karpfenzucht dienten. Die sichere Versorgung von Mühlen und Eisenhämmern mit Wasserkraft oder der Schutz von Burgen und Städten waren ebenso wichtige Gründe. 

Erst um 1300 werden Teiche ausschließlich zur Fischzucht gebaut. Hauptmotiv für das große Interesse an der Teichwirtschaft war der enorme Bedarf an Karpfen. Die Bevölkerung war ab dem 10. Jahrhundert stark angewachsen und in den mittelalterlichen Städten und Märkten gab es mehr wohlhabende Menschen, die sich Fisch als Fastenspeise leisten konnten. Die große Nachfrage nach Karpfen hatte hohe Fischpreise zur Folge. Karpfen kostete im Mittelalter das Vier- bis Sechsfache von Rind- oder Schweinefleisch. Teichwirtschaft war sehr rentabel. Der mittelalterliche Teichbau erreichte zwischen 1250 und 1500 seinen Höhepunkt. Um das Jahr 1500 gab es in Bayern drei- bis viermal so viele Teiche wie heute. Zahlreiche, noch immer bestehende Teiche wurden in dieser Zeit angelegt und sind ein bedeutendes
Agrar-Kulturerbe.

Im 16. und 17. Jahrhundert kam es zu einer Stagnation in der Teichwirtschaft. Große Teichflächen wurden in dieser Zeit aufgegeben. Die Gründe dafür waren vielfältig. Nach der Reformation wurden Klöster von protestantischen Landesherren aufgelöst und Fastenregeln aufgehoben. Gleichzeitig stiegen in dieser Zeit die Getreidepreise und der Ackerbau wurde wirtschaftlich ertragreicher. Der „ Dreißigjährige Krieg“ verringerte die Bevölkerung dramatisch. Es fehlten die Bewirtschafter der Teiche und auch die Fischkäufer. Großen Einfluss hatte auch die „kleine Eiszeit“ im 16. und 17. Jahrhundert. Eine deutliche Abkühlung ließ Erträge und Rentabilität der Teichwirtschaft sinken.                                                    

Am Beginn des 19. Jahrhunderts befand sich die Teichwirtschaft auf einem Tiefpunkt. Karpfenzucht lohnte sich kaum mehr. Ackerbau und Wiesenwirtschaft versprachen bessere Erträge. Erheblich zum Niedergang der Teichwirtschaft trug die Auflösung der Klöster in Bayern im Jahre 1808 bei. Viele große Teiche, nicht nur aus dem Besitz der Klöster, wurden trocken gelegt, um Getreide und Viehfutter anzubauen. Zeitgleich schlossen sich aber auch Bauern zusammen, um Teiche, die vormals im Klosterbesitz waren, gemeinsam zu erwerben und weiter zu bewirtschaften. Diese „Weihergemeinschaften“ bestehen in unveränderter Form seit nunmehr 200 Jahren. 

Mit der Industrialisierung entwickelte sich der großräumige Handel mit Nahrungsmittel. Getreide konnten nun in großen Mengen importiert werden. Der wirtschaftliche Aufschwung im deutschen Kaiserreich brachte vielen Menschen Wohlstand und steigerte in dieser Epoche die Nachfrage nach Fisch. Der Anschluss der bayerischen Teichgebiete an das Eisenbahnnetz machte es möglich, Karpfen in entfernt liegende Regionen zu verkaufen. Mit dem Eisenbahnbau stiegen die Fischpreise in Franken und v.a. in der Oberpfalz deutlich an. Die Teichwirtschaft gewann wieder mehr Bedeutung. 

Im 20. Jahrhundert verlief die Entwicklung der Teichwirtschaft sehr wechselhaft. Erfolgreichen Jahren zu Beginn des Jahrhunderts folgten schwierige Jahre in und nach den Kriegszeiten. 

In den 1950/1960er Jahren drohten viele Teiche zu verlanden und endgültig zu verschwinden. 

Weil die Bedeutung für Wasserrückhalt und Ökologie erkannt wurde und der Karpfen als nachhaltig erzeugtes Lebensmittel von immer mehr Genießern geschätzt wird, fördert die EU den Bau und die Instandhaltung von Teichen. Der Freistaat Bayern und die bayerischen Bezirke unterstützen die traditionelle und nachhaltige Teichwirtschaft. 

Gegenwärtig bedrohen dramatische Schäden durch Fischotter, Biber und Kormorane den weiteren Bestand der Teichwirtschaft.

Ehemalige Amtsschloss des Zisterzienserklosters Ebrach in Burgwindheim

Ehemalige Amtsschloss des Zisterzienserklosters Ebrach in Burgwindheim

Fischtransport per Eisenbahn
 
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1 Reinhold Möller (Wikimedia Commons, creativecommons.org/licenses/by-sa/4.0)
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